Mittwoch, 15. April 2009

Die Wirtschaftsabteilung der DFG - ein Fallbeispiel für das Schneider-Syndrom ?

Das Schneider-Syndrom - Hintergrund - +/- {Die Insolvenz des früheren Baulöwen Jürgen Schneider liegt heute auf den Tag genau 15 Jahre zurück. Dass er solange "Erfolg" hatte, lag am damaligen Vorstand der Deutschen Bank, welcher sich im Ergebnis zum nationalen Gespött machte. Das Fehlverhalten/Versagen des Vorstandes der Deutschen Bank ist typisch für homogene Entscheidungsgremien. Man nennt es in Ehren an Jürgen Schneider das Schneider-Syndrom. Jürgen Schneider arbeitet derzeit als selbständiger Insolvenzberater} läßt sich an Orten (besser: in Gremien) finden, wo man gar nicht daran denkt. Wie zum Beispiel bei der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), zumindest aber deren makroökonomischen Zweig . Über das Schneider-Syndrom berichtete ich bereits in einem früheren Weblog-Eintrag.

Doch was hat das mit der berühmten DFG tatsächlich zu tun? Gute Frage, lassen Sie mich zunächst bitte einmal mit "Es war einmal..." anfangen:

Also, da war einmal ein Blogschreiber, der hatte eine Quelle verdummbeutelt. Und nach ein paar Wochen Monaten Frust dachte er daran, das Thema dürfe nicht ungepostet bleiben und machte sich auf, eine winzige Internetrecherche zu beginnen. Zu seiner Überraschung verlief sie nicht ganz erfolglos, so dass er sich schlußendlich auf seinen Hinterboden setzte und begann, diese Zeilen zu schreiben...

... Fangen wir am besten mit der ökonomischen Blogwetterlage an. Sie lesen viel davon, dass zum Beispiel die Finanzkrise die Ursache unserer Weltwirtschaftskrise sei und die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt in der Ägide Alan Greenspans die Ursache wäre. Das liest man viel, es ist herrschende, besser noch vorherrschende Meilung fast Aller. Man schreibt vielfach voneinander ab und nennt das Ganze dann Kreativität. Wer in der Schule - und nicht nur dort - gut und clever abschrieb, war einfach erfolgreicher im Leben als mancher Querulant.

Apropos Querulant, eine professurale Querulantin war zum Beispiel einst eine Professorin (Den konkreten Bezug habe ich versemmelt, vielleicht kann mir jemand bestätigende Quellenangaben machen), die einen Antrag auf Förderung bei der DFG gestellt hatte. Das Forschungsvorhaben sollte sich mit volkswirtschaftlichen Marktrisiken befassen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Im Internet fand ich dann noch Folgendes: So antwortete der hamburger Wirtschaftsprofessor Arne Heise in einen Interview der VDI-Nachrichen vom 13. März dieses Jahres (exakter Quellenlink):
Hartmut Steiger (VDI-Nachrichten): "Können Sie ein Beispiel geben?"

Arne Heise: "Zusammen mit anderen bekannten Ökonomen hatte ich Anfang der 90er Jahre bei der DFG einen Forschungsantrag eingereicht. Darin wollten wir uns genau mit diesen Problemen, vor denen wir jetzt stehen, beschäftigen. In dem Projekt sollten Konsequenzen solcher Finanzmarktkrisen und Vermeidungsstrategien entwickelt werden. Dabei haben wir uns auf US-Ökonomen berufen, deren Ideen mittlerweile wieder gefragt sind, die damals aber als Außenseiter galten. Das Projekt wurde nicht bewilligt."

H. S.: "Die Gutachten kamen von Fachkollegen?"

A. H: "Die Mittelvergabe bei der DFG, aber auch bei der Thyssen- oder Volkswagen-Stiftung, läuft über die so genannten Peers, und die achten darauf, dass die Gelder nicht an marginalisierte keynesianisch orientierte Ökonomen gehen. Wir könnten heute schlauer sein, wenn Forschungsgelder in der Vergangenheit anders verteilt worden wären. Deshalb brauchen wir einen Elitenwechsel in der Ökonomie..."


Das war nur ein Auszug mit den Kernaussagen, das volle Interview können Sie, wie oben schon erwähnt, bei der Quelle nachlesen.

Zwischenbemerkung - wissen Sie, was Auftragsforschung ist? Eine bezahlte Forschung, bei der das Ergebnis schon in Sichtweite ist, positiv formuliert. Eine Forschung mit von vornherein feststehendem Ergebnis ist aber keine Forschung, sondern Betrug und ein Fall von (wissenschaftlicher) Korruption.

W
eiter im Text: Leon Leschle schrieb in seinem Weblog (3. Febr. 2009: Eure Exzellenz? – Das ist nicht meine Exzellenz!), ich zitiere:
"...Naiverweise dachte Neschle damals vor seiner Antragstellung, was auch der Laie über Forschung denkt: Ein Forschungsprojekt sei etwas, bei dem man noch nicht (genau) wisse, was dabei herauskommt, sondern nur, was herauskommen könnte.

Doch da denken die Profis von der Deutschen Forschungsgemeinschaft offenbar ganz anders. Das bloße „Forschenwollen“ reicht nämlich in den vielseitigen Anträgen der DFG nicht. Da muss man das Projekt fast fertig haben, ehe man überhaupt daran denkt, einen Antrag stellen zu wollen, so konkret und detailliert sind die „Ergebnisanfragen“ im Fragebogen..."

Ähmm, was soll ich da noch hinzufügen?

Auf die Frage, wie sich das alles erklären läßt, habe ich, so glaube ich, eine wohlfeile Antwort gefunden. Wir wissen, dass die Gutachterpraxis in einigen Bereichen selbstverstärkend ist. Das bedeutet vereinfacht, ein Gutachter A begutachtet Antragsteller B. Der gleiche Antragsteller B tritt als Gutachter für Antragsteller C auf, welcher wiederum A begutachtet. Alle Gutachten sind positiv, schließlich gehören alle Gutachter der gleichen Denkrichtung an. Aber solch ein Extrembeispiel wird es in der Praxis nicht geben. Es geht mir hier nur um das Klarstellen eines Prinzips.

Anfangs genügen Wenige mit übereinstimmender Denkrichtung. Wird die Denkrichtung Mode und hierüber hinaus von finanzstarken Interessengruppen unterstützt (was wiederum die Mode verstärkt), dauert es nicht allzu lange, bis die Denkrichtung sich soweit in den Gremien personell durchgesetzt hat, dass man sogar von einer Art Gleichschaltung sprechen kann. Gerät zwischenzeitlich ein Nicht-Mainstream-Antragsteller E an einen Gutachter dieses Mainstreams, wäre er verloren. Die Forschungsmittel sind natürlich begrenzt und die Absage ist vorprogrammiert.

E
ine Zeitgeistmode, die Mainstream ist, haben wir: den Marktliberalismus (nicht ganz korrekt auch als Neoliberalismus verschrien). Forscher dieser Mode sind auch Mainstream, man kennt den XYZ, der macht gute Forschungsarbeit. absolut förderungswürdig. Gleichartige Denkmuster sind einem schließlich vertrauter und angenehmer. Dann sieht man sich auf Tagungen, trifft sich bei Unternehmens- und Verbändeveranstaltungen. Man ist unter sich. Durch Auszeichnungen wird die Selbstvergewisserung forciert. Hohe Dotierungen aus der Unternehmerschaft erhöhen das Ansehen. Drittmittelforschung im Bankensektor ist en vogue. Es erfolgt subtile oder weniger subtile politische Einflußnahme. Gruß an dieser Stelle an die sehr erfolgreiche Bertelsmannstiftung.

L
assen Sie uns zusammenfassen, das könnte Korruption sein, vorsichtig formuliert. Den meisten ist dies bloß nicht bewußt, da sie aufgrund eigener Wertvorstellungen praktisch einen unsichtbaren Filter im Kopf haben. Man nennt ihn auch Überzeugung. Bloß wenn die Überzeugung starr, fest und unflexibel geworden ist, dann geht jede Wissenschaftlichkeit flöten.

Die makroökonomischen Entscheidungsgremien und Gutachter denken in gleichen Bahnen - in Analogie zum früheren Vorstandsgremium der Deutschen Bank Vorstand, welches Jürgen Schneider satt auf dem Leim ging. Soweit es um Gruppenentscheidungen geht, ist dies der beste Nährboden für das Schneider-Syndrom mit all seinen Konsquenzen.

Mein Resümeé: Die deutsche Volkswirtschaftslehre und deren Vertreter in entsprechenden Organisationen wie der DFG kann man meines Erachtens nach sehr häufig als akademischer Müll vom Feinsten bezeichnen. Die allermeisten Entscheidungsträger sind Teil des Problems, nicht der Lösung. Erwarten kann man von dem vorherrschenden makroökonomischen Sachverstand nichts; man würde nur enttäuscht werden. Ein sauberer Schnitt ist angezeigt!

Für die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise bedeutet dies nichts Gutes.
Und erwarten sie bitte in der medialen Berichtserstattung alles, bloß keine objektiven Informationen.

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